Quäl’ dich du Sau!

Blick über den Ort Schienen auf die dichte Nebelwand

Die Bergtauglichkeit meines Eingangrades von mika amaro konnte ja bereits vor einem guten Jahr festgestellt werden. Nach dieser erfolgreichen Bergprüfung wurden weitere hügelige Touren mit diesem wunderschönen Riemenratt veranstaltet, wie etwa der Tagesritt nach Zürich zum lecker Bratwurst essen.

Nun war es aber endlich an der Zeit, einen nennenswerten, will heißen, einen auf quäldich.de dokumentier-würdigen Anstieg in Angriff zu nehmen.

Das für den normalen Rattspochtler einschränkende Element beim Eingangrattfahrn ist die Steilheit. Man kann kurzzeitig zwar untere 2-stellige Steigungsprozente durchwuchten, auf die Länge eines Anstiegs gesehen sollte aber die Steilheit nicht ständig über 5% liegen und möglichst auch flachere Passagen enthalten. Ehrfürchtig blicke ich dabei aber auf die Fixie-Pros, die mit 47/17 das Stilfser Joch oder auch den Mont Ventoux hochwürgen. Das ist eine andere Galaxie, nicht von dieser Welt.

In der westlichen Bodenseeregion ist der Schiener Berg ein rattfahrtechnischer Fixpunkt. Dieser Klotz, kein Vulkan allerdings, ragt markant um 200-300m über dem Umland und bietet für trailhungrige Mountainbiker, Downhill-Junkies und auch für Rennradfahrer fahrerischen und landschaftlichen Hochgenuss! Für Asphaltfahrer gibt es den harten und selektiven Nordanstieg, der mir für einen Gang dauerhaft zu steil ist, aber auch den weniger populären, weil recht leichten Anstieg von Süden über Wangen. Perfekt für den singlespeedenden Genussradler. So wurde heute eben dieser Anstieg angepeilt.

Der Morgen war in Seenähe noch nebelverhangen, während das höhere Umland bereits von der Sonne gestreichelt wurde. Kein Problem, auch der Nebel hat seinen Reiz – man wächst ja an seinen Aufgaben… 😉

Amore Mikaela wartet, hier noch im Nebel in Stein, geduldig auf die kommende Aufgabe

Die Anfahrt über Stein am Rhein und am Unterseeufer entlang war tatsächlich ein Genuss im Nebel. Tolle Stimmung, mystische Ruhe, kein Vogel, kein Mensch, (fast) kein Auto. Gedämpfte Stille und die freudige Aussicht, im Aufstieg in die Sonne zu radeln. Der Anstieg ist zu Beginn in Wangen recht steil und dies bleibt auch eine Weile so. Alles im Wiegetritt mit ordentlich Zug am Lenker. Kadenz gegen Null. Keine Hektik. Für mich ist das Meditation. Dann wird es moderater und gewährt immer wieder Erholung. Arhytmisch und deshalb perfekt. Ich genieße diesen Anstieg, obwohl ich kein wirklicher Bergfahrer bin.

Einsame Sträßchen in Nebel gehüllt

Kurz vor dem Ort Schienen gibt es sogar eine kurze Abfahrt, was den Gesamtanstieg um fast 100hm höher macht als von Norden her. Der Schlussanstieg vom Ort heraus fordert nochmals den gesamten Körper, der sich mit dem Ratt verspannen muss, um den notwendigen Druck auf’s Pedal zu kriegen. Doch dies passierte bereits in praller Sonne unter azurblauem Himmel. Eine traumhafte Herbstkulisse mit bunten Wäldern und Nebel in den Tälern und Ebenen.

Die beiden Pferdchen genießen die Pause auf der “Passhöhe”

Am Aussichtspunkt, welcher auch der Einstieg zur weit bekannten Downhillstrecke ist, konnte man auf die dicke weiße Suppe schauen, unter der sich Radolfzell und sein Umland feucht verbarg. Dort wurde umgedreht und abgefahren, jedoch Richtung Öhningen über die Gehöfte. Unser Plan, lässig in der prallen Herbstsonne, im geliebten Café Uferlos in Stein, eine Cappuccino zu genießen, wurde durch den Nebel ruppig negiert. Und so saßen wir drinnen, nicht minder verlustigt, und genossen zusätzlich einen äusserst schmackhaften Apfel-Quark-Kuchen und eine heimelige Stimmung.

Auf der Heimfahrt perfektionierte die durchschlagende Sonne die Dramaturgie des Tages, welcher sich als erinnerungswürdiges Highlight für Körper und Seele in die Hirnlappen den beiden Protagonisten einbrennen wird.

Zum Nachfahren: Singen – Stein aR – Wangen – Schienen – Aussichtspunkt Parkplatz – Schienen – Sonnenhof – Öhningen – Stein – Singen (50km)

Oben lacht die Sonne
…während unten der Nebel das Licht erstickt.

2 Gedanken zu „Quäl’ dich du Sau!“

  1. Wie auf Bild #3 gut zu erkennen, scheint die Assimilation an die hiesigen Gegebenheiten noch nicht vollständig abgeschlossen zu sein. Kleidung und Tuch vor der Nase wie sonst nur auf Baffin Island üblich 😉
    Aber Spaß beiseite, Hut ab für die Nebeltour – die Einstellung stimmt !

  2. Mein lieber Klausi,
    das Tuch dient incognito zur Gesichtswahrung, um, als bekennender Nebel-Verweigerer, nicht als Kollaborateur eingestuft oder gar verfolgt zu werden. Der stille Bund mit dem feuchten Gesellen konnte nur unter der Vereinbarung dessen Abzugs zur Mittagsstunde zustande kommen. Will er jedoch bald sich nicht mehr daran halten wollen, sehe ich mich gezwungen, das Bündnis wieder aufzukündigen.
    Auf jeden Fall hat es gestern immensen Spaß gemacht!

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