Das Gefühl von Freiheit

Mein erstes Fahrrad war gar nicht wirklich meins, nur für eine bestimmte Zeit lang. Dann wurde es in der Verwandtschaft weitergereicht, an den- oder diejenige, die jetzt im richtigen Alter war, um Fahrradfahren zu lernen. Auf diesem Weg, war es auch zu mir gekommen. Und trotzdem war dieses Fahrrad etwas besonderes für mich. Ich erinnere mich noch, wie ich damit meine ersten Fahrversuche machte. Zuerst mit Stützrädern – gibt es sowas eigentlich noch? – später dann ohne. Auf dem heimischen Rasen, da war das Verletzungsrisiko geringer, wenn man am Anfang immer wieder umfiel. Wobei das Wort Verletzungsrisiko noch nicht existierte, genauso wenig wie Fahrradhelme. Irgendwann ging es dann ohne Stützräder und ohne umzufallen auch auf der Straße. Das Gefühl von Freiheit beim Fahren auf zwei Rädern hat mich seither nicht mehr losgelassen.

Das nächste Fahrrad war dann exklusiv für mich bestimmt. Wie damals üblich, habe ich es zur Erstkommunion geschenkt bekommen. Dem entwachsen folgten viele Jahre lang irgendwelche Räder, die in der Familie nicht mehr gebraucht wurden. Ein altes Damenrad um damit zur Schule zu fahren. Wurde nicht geklaut und war super lässig. Ein altes Rennrad von meinem Vater, mit umgebautem geraden Lenker und von mir mit Pinsel und Hammerschlaglack neu designt. Und so ging das immer weiter, bis ins zarte Alter von 40.

Da wurde ich von einem Cousin zum Mountainbike fahren „verführt“ und kaufte mir zum ersten mal in meinem Leben selbst ein Fahrrad. Ein Hardtail mit gefederter Vordergabel und Scheibenbremsen – eine Offenbarung. Ein paar Jahre später folgte ein gebrauchtes Fully mit richtig schön viel Federweg und versenkbarer Sattelstütze – von da an sah man mich nur noch mit breitem Grinsen im Gesicht den Berg runter fahren.

Was sollte jetzt noch kommen? Einiges!

Ich fasse das mal stichwortartig zusammen:

Meine bessere Hälfte kauft sich ein Fitness-Bike.

Ich komme nicht mehr hinterher.

Muss am Fahrrad liegen, ganz klar.

Aha, es gibt jetzt sogenannte Gravel-Bikes.

Eurobike in Friedrichshafen.

Ich fahre ein paar Gravel-Bikes zur Probe.

O.k., da geht noch was!

Der 50. Geburtstag naht.

Mal wieder Zeit ein Fahrrad zu kaufen…

Die 50er Feier fällt Corona bedingt aus, schöne Sch…

Aber das Fahrrad wird irgendwann geliefert.

Und jetzt steht es da, bzw. fährt mit mir durch die Lande.

„Und da war es wieder, diese breite Grinsen in seinem Gesicht.“

Blick auf den See vom Haldenhof bei Sipplingen

Was soll ich noch sagen, zu dieser Fahrrad Kategorie ist ja eh schon genug gesagt worden. Sicherlich polarisiert der ganze Gravel-Hype auch, und wie ich finde, durchaus zurecht. Schließlich wurde ja damit das Fahrrad auch nicht neu erfunden.

Aber was mich betrifft, sag ich mal so: „Noch nie war soviel Vortrieb wie heute“.

Im Hegau: kurz vor Weil, an der Abzweigung nach Watterdingen (Mallau)

Das Bike läuft wie blöd und wenn ich nicht aufpasse, fahre ich mich kaputt damit. Ich muss noch lernen mich zu beherrschen. Aber es macht halt einfach Laune!

Und es ist immer noch da, dieses Gefühl von Freiheit, wenn ich mit dem Fahrrad fahre.

Wie damals, immer noch ohne Stützrädle, nur viel schneller 🙂